Klinische
Aspekte der
Neuroanatomie
Schädelhirntrauma
Epidurales Hämatom im Rahmen
eines Schädelhirntraumas
Schädelhirntrauma (SHT)

Ein Unfall und seine Folgen...

Am Montag, dem 27.2.06, auf der A1 Richtung Trier, Höhe Euskirchen verlor ein Autofahrer auf spiegelglatter Straße die Kontrolle über sein Fahrzeug. Er rutschte in einen entgegenkommenden Kleinwagen. Von den drei Insassen des Fahrzeuges wurden einer leicht und zwei schwer verletzt. Aufgrund des schnellen und kompetenten Einsatzes des Rettungsdienstes inkl. des Transports mit dem Rettungshubschrauber in eine interdisziplinäre Notaufnahme, der Darstellung der Verletzungen mittels Computertomographie sowie der schnellen neurochirurgischen Intervention mit Hämatomausräumung und Druckentlastung konnte das Schädelhirntrauma adäquat behandelt werden. Die Insassen überlebten und konnten die Klinik nach drei Wochen auf eigenen Beinen verlassen, gefolgt von einem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik. In Deutschland erleiden jährlich 200.000 Menschen ein Schädelhirntrauma, davon 30.000 – 40.000 ein der Klassifikation nach „schweres SHT“. 60% aller Unfalltoten versterben an den Folgen eines Schädelhirntraumas. Verkehrsunfälle stellen bei weitem die häufigste Ursache eines SHT dar. Ein Schädelhirntrauma kommt daher selten als isoliertes Trauma vor, sondern ist in den meisten Fällen Teil eines Polytraumas.
Um die einzelnen Verletzungsmuster klar definieren und verstehen zu können, sind die Grundlagen der Anatomie des
Schädels, der Meningen, der Arterien und des Gehirns von absoluter Notwendigkeit.
Im klinischen Sprachgebrauch wird zunächst zwischen einem
offenen und gedeckten Schädelhirntrauma unterschieden. Sehr häufig ist eine typische Symptomatik mit freiem Intervall zu beobachten.
Besonders häufig sind Frakturen des Schädels, insbesondere
Schädelbasis- und Gesichtsschädelfrakturen in Kombination mit Weichteilverletzungen, die massiv bluten und die Patienten in Lebensgefahr bringen können, wie z. B. bei Autounfällen, bei denen der Betroffene mit dem Kopf durch die Frontscheibe geschleudert wurde. Entsprechend der zeitlichen Beziehung der Entstehung von Hirnschäden zum Unfallzeitpunkt unterscheidet man primäre von sekundären Hirnschäden. Eine sehr große Gefahr, die von einem Schädelhirntrauma ausgeht, ist die intracerebrale Raumforderung. Da der knöcherne Schädel bei Raumforderungen kein Nachgeben oder Ausweichen des Inhaltes zulässt, kommt es bei einem Anstieg des intrakraniellen Druckes zu einer Hirnmassenverschiebung und Einklemmung von Hirnarealen.
Im Zusammenhang mit Schädelhirntraumen und intracerebralem Druckanstieg kommt dem
epiduralem Hämatom eine besondere Bedeutung zu. 5% aller Schädelhirntraumata-Patienten entwickeln ein solches Hämatom. Weitere intrakranielle Läsionen werden gemäß ihrer Lokalisation in subdurale, subarachnoidale und intracerebrale Blutungen unterteilt.
In Bezug auf den positiven Verlauf der Verletzung und einer schnellen Rehabilitation ist eine gezielte präklinische Versorgung ausschlaggebend. Etwa 50% aller Patienten mit tödlichem Schädelhirntrauma sterben innerhalb von 24h. Vermutlich könnten 10-20% durch eine verbesserte Behandlung am Unfallort, auf dem Transport sowie in der Notaufnahme der Kliniken gerettet werden. Da die während und unmittelbar nach der Verletzung erlangten primären Hirnschäden nicht mehr reversibel sind, muss die
Initialbehandlung am Unfallort vor allem darauf ausgerichtet sein, sekundäre Hirnschäden zu verhindern. Nach erfolgreicher Grundversorgung richtet sich die fortführende Therapie in einer neurochirurgischen Klinik nach Art und Schweregrad des Traumas. Für die prognostische Beurteilung und das Outcome des akuten Schädelhirntraumas sind die Summen der klinischen Zeichen – auch weiterer Verletzungen, da ein SHT in den meisten Fällen Teil eines Polytraumas ist - und die Dauer ihres Bestehens von Bedeutung. Die Behandlung ist folglich oft eine interdisziplinäre.
Posttraumatische Komplikationen und Folgen können bei Schädelhirntraumen auftreten und erhebliche Störungen hinterlassen. Das Schädelhirntrauma stellt ein Verletzungsbild dar, dessen Schweregrad oft unerkannt bleibt und dessen posttraumatische Symptome das Leben des Patienten auf schwerwiegendste Weise beeinflussen können.



Literaturverzeichnis
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